Eine der zahlreichen Burgruinen im Kasseler Umland steht in der beschaulichen Fachwerkstadt Grebenstein nahe der B83.
Die Burgruine ist schon von Weitem bei der Fahrt von Kassel Richtung Hofgeismar zu sehen, dennoch habe ich noch nie für einen Besuch angehalten. Höchste Zeit, diesen Umstand zu ändern, denn wenn die Pandemie mich eines gelehrt hat, dann dass es in der nahen Umgebung meiner Heimatstadt Kassel viel Schönes zu entdecken gibt.
Am Wanderparkplatz in der Nähe des Burgteiches werde ich erstmal von fröhlich quakendem Entenvolk empfangen, was ich schonmal sehr gut finde. Aber die gefiederten Quaker sind ja nicht der Grund des Herkommens, sondern die Burg auf ihrem Berg. Hinauf führen verschiedene Wanderwege unter hohen Bäumen hindurch, je nachdem aus welcher Richtung man den kleinen Spaziergang antritt - solange es bergauf geht, ist der Weg richtig. Der Aufstieg ist schnell erledigt, gerade mal 250 Meter ist der Burgberg hoch und vom Parkplatz aus misst die Strecke nur einen knappen Kilometer.
Denk mal nach
Damit das Wandern nicht gleich langweilig wird, ist der Weg gesäumt mit Steinbänken, in die Zitate berühmter Philosophen, Wissenschaftler und Schriftsteller der jüngeren und älteren Vergangenheit eingraviert sind. “Denklehrpfad” nennt sich dieses Kunstprojekt der Stadt Grebenstein, das Teil der Eco Pfade im Kasseler Landkreis ist. Es gibt mittlerweile drei verschiedene Varianten des Denklehrpfads, die Philosophiegeschichte von Herklit bis Wittgenstein, den morgenländischen Weg sowie den literarischen Parcours. Ich folge dem morgenländischen Weg, der Zitate aus dem asiatischen Raum beinhaltet.
Gerade habe ich mich richtig schön eingedacht, da kommt auch schon die Burgruine in Sicht. Wie immer vergeht die Zeit im Flug, wenn man Spaß hat. Also flugs hinein in die gute Stube, deren breites Tor einladend offen steht.
Der Ursprung der Burg liegt im 11. Jahrhundert, ihre erste urkundliche Erwähnung ist auf das Jahr 1272 datiert. Wie so viele Burgen ihrer Art hat auch die Burgruine Grebenstein eine wechselvolle Geschichte mit verschiedenen Besitzern hinter sich, im Dreißigjährigen Krieg wurde sie—wie auch die Stadt Grebenstein selbst—zerstört und anschließend von den Bewohner:innen Grebensteins als Steinlieferantin für den Wiederaufbau ihrer Stadt verwendet.
Die Reste der Burg wurden erst im letzten Jahrhundert gesichert, restauriert und für Besucher zugänglich gemacht. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem großen Saal, dem sogenannten Palas, in dessen Inneren eine großzügige Stahltreppe 13 Meter in die Höhe vorbei an Kaminen, Erkern und Fenstern bis zur Aussichtsplattform führt. Der Aufstieg über die breite Treppen erinnert mich an den Aufstieg in den Aussichtsturm der Weidelsburg, allerdings ist die Plattform hier ein angebautes Stahlgestell und kein organischer Teil des Gemäuers.
Direkt unterhalb der letzten Treppenstufen hängt ein letztes Zitat des Philosophen Wittgenstein an den dicken Burgmauern: “Steige immer aus den kahlen Höhen der Gescheitheit in die grünenden Täler der Dummheit”, dessen Aussagekraft in den heutigen Zeiten aktueller denn je erscheint.
Aussichten in die Ferne
Jetzt aber erstmal den Ausblick genießen. Von hier oben schweift der Blick in die Ferne, die Altstadt Grebensteins mit ihrem Fachwerk und den noch gut erhaltenen Türmen ist eine tolle Kulisse, eine ganze Reihe der Häuser sind Kulturdenkmäler und ich ahne, dass ich mir diese bei Gelegenheit von Nahem ansehen werde. Die anderen Denklehrpfade wollen schließlich auch noch gegangen werden.
Richtung Südwesten sind die alten Bekannten des nordhessischen Berglands zu sehen, der Dörnberg, der Bärenberg sowie das Hohe Gras. Aus Richtung Norden winkt die Friedenseiche von Hombressen am Horizont herüber.
Kleiner Wermutstropfen der ansonsten beschaulichen und überraschend bildungsreichen Wanderung ist die beständige Geräuschkulisse der nahen Bundesstraße 83, aber irgendwas ist ja immer.
Gut zu wissen
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Die Burgruine Grebenstein kann entweder vom Wanderparkplatz Burgteich oder aus der Grebensteiner Altstadt erwandert werden. Der Aufstieg ist moderat steil und von kurzer Dauer.
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Der Eintritt in die Burg ist frei, eine Stahltreppe führt im Inneren bis nach oben zu einer kleinen Plattform, von der sich der Ausblick ins Umland genießen lässt. Nachteil: die Geräuschkulisse der nahen Bundesstraße ist deutlich zu hören
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In den Abendstunden wird die Burg beleuchtet
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Kunst zum Nachlesen: Broschüre der Denklehrpfade Grebensteins
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