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Sonnenaufgang am Mohnfeld

Alles auf Pink

Jahreszeitlich · Lesedauer: 3 Minuten · Last edit: Aug. 8, 2021

Freiwillig um 4 Uhr Morgens aufstehen, um ein paar Blümchen im Sonnenlicht zu fotografieren? Man kann darüber natürlich den Kopf schütteln, aber wenn du fotografiebegeistert bist, wirst du bei diesem Gedanken vermutlich nicken und verstehen.

Während des Lockdowns in diesem Frühling habe ich durchaus neidisch auf Fotos von Hasenglöckchen und Tulpen geschielt, denn große Flächen schöner Blüten, am besten noch im Wald, sind ein toller Anblick und natürlich ein tolles Motiv. Leider zu weit weg, denn die Schönheiten wachsen und blühen vor allem im Ruhrpott und den Niederlanden, von Hessen aus ein unerreichbares Ziel, wenn um 22 Uhr die Ausgangssperre beginnt, alle Übernachtungsmöglichkeiten aufgrund der Pandemie geschlossen sind und man das Reisen ohnehin soweit möglich unterlassen soll.

Mohnblumenfeld, im Hintergrund Windräder
Mohnblumenfeld, im Hintergrund Windräder

Damit man trotz dieser Einschränkungen auch vor der nordhessischen Haustür sommerliche Blütenmeere bestaunen kann, wurden extra die Mohnfelder erfunden - oder so ähnlich, eventuell gab es dafür auch noch einen anderen Grund, der mir gerade entfallen ist.

Im großen Stil wird Mohn in Germerode am Hohen Meißner angepflanzt, ganz in der Nähe der Kirschbäume, die übrigens Früchte tragen, wenn der Mohn in Blüte steht. In Germerode gibt es sogar ein dediziertes Mohndorf mit diversen Veranstaltungen rund um den Mohn und in Jahren ohne Pandemie werden Spazierwege durch die Felder mit passenden Fotospots für Fotografen eingerichtet. In Jahren mit Pandemie sieht das natürlich anders aus, zwar wird der Mohn angepflanzt, jedoch werden aufgrund der Abstandsregeln keine Spazierwege angelegt und das Angebot an Veranstaltungen ist deutlich eingeschränkt.

Pink soweit das Auge reicht
Pink soweit das Auge reicht

Aber was wäre das Leben ohne glückliche Zufälle, und als mir bei meinem Besuch an der Burgruine Weidelsburg vom Aussichtsturm ein fotogenes Mohnfeld mit pinkfarbenem Kulturmohn auffällt, weiß ich spontan, dass ich demnächst einen frühen Ausflug ins Wolfhager Land unternehmen werde. Die Fahrt zu “meinem” simplen Mohnfeld ist sogar nur halb so weit wie nach Germerode, so dass ich pünktlich zum Frühstück und vor der Arbeit wieder zu Hause sein werde. Äußerst praktisch, außerdem erhoffe ich mir ein menschenleeres Erlebnis, denn dieses Feld ist ja kein Teil einer touristischen Kampagne und wird nirgends beworben.

Und ich werde nicht enttäuscht! Am Zielort ist wie erwünscht keinerlei Publikumsverkehr, nur ab und zu fährt ein Auto auf der Landstraße vorbei. Die einzigen anderen Geräusche kommen von der ansässigen Vogelschar, die so früh schon erstaunlich geschwätzig ist. Um Abstandsregeln muss man sich hier keine jedenfalls Gedanken machen.

Ein Meer aus duftigen Kamillenblumen
Ein Meer aus duftigen Kamillenblumen

Es riecht so intensiv nach Kamille als würde man ein Vollbad in Kamillentee nehmen. Und irgendwie mache ich das auch, denn der Rand des Feldes ist dicht und hoch mit Kamille bewachsen, durch die ein kleiner Pfad zum Ort des Geschehens führt. Die Mohnblumen selbst haben keinen besonderen Eigengeruch, wie ich feststelle.

Schon beim Losfahren zeigte sich der Himmel in verheißungsvollen Orangetönen mit ein paar malerisch verteilten Wölkchen. Die Lage des Mohnfelds habe ich mit technischer Unterstützung vorab überprüft, die Sonne wird seitlich des Baumes um kurz nach 5 Uhr über den Horizont steigen und die pinken Blüten der Mohnblumen zum Leuchten bringen. Apps, die eine solche Planung ermöglichen, gibt es diverse, ich verwende “The Photographers Ephemeris”. In der Desktopversion ist die Basisversion frei verwendbar, die Basisversion als App für iOS kostet einen gut investierten Zehner.

Mohnblumenfeld im Sonnenaufgang
Mohnblumenfeld im Sonnenaufgang
Kulturmohn an Sonnenlicht
Kulturmohn an Sonnenlicht

Trotzdem es in den letzten Tagen brütend heiß war, ist es in den Morgenstunden am Feld erstaunlich kühl und ich bin froh über die extra mitgebrachte Strickjacke (Strickjacke bei 36 Grad, haha!). Dann heißt es nur noch Warten auf die Sonne, die sich nicht lange bitten lässt, bevor sie das Feld in ein malerisches Meer aus Pink und Gold verwandelt. So hatte ich mir das vorgestellt, nur vielleicht nicht ganz so schön.

Sonnenaufgang um kurz nach 5 Uhr
Sonnenaufgang um kurz nach 5 Uhr

Nachdem alle Aufnahmen im Kasten sind, mache ich mir fröstelnd auf den Heimweg, den Kamillenduft in der Nase. Ich nehme mir vor, beim nächsten morgendlichen Sommerausflug mal an ein heißes, koffeinhaltiges Getränk zu denken, das wäre jetzt noch genau das richtige.

Habichtswald Blumen Sommer Naturpark

Kathinka lebt im grünen Nordhessen im Landkreis von Kassel, weil es dort so schön ist. Sie fotografiert am liebsten das Unspektakuläre und findet, dass es nie genug Bilder von Bäumen im Nebel geben kann. Auf Instragram postet sie manchmal kleine Quadrate, hier gibts noch mehr über Kathinka.

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