Ein Besuch im Mohndorf im Geo-Naturpark Frau-Holle-Land

Mohnblüte in Germerode

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Nordhessen

Wenn man den Wecker freiwillig auf 3:45 Uhr stellt, um sich ein paar Blümchen im Morgenlicht anzusehen, hat man wahrscheinlich nicht alle Tassen im Schrank—oder man will es wirklich. In meinem Fall trifft wohl beides zu, und nachdem die kurze Nacht vom inbrünstigen Froschkonzert aus den Fischteichen in der näheren Nachbarschaft untermalt wurde, fühlt sich das Aufstehen auch kaum schlimm an.

Darüber hinweg tröstet nur ein heißer Kaffee und die Vorfreude auf die paar Blümchen tut ihr übriges, nichts wie auf ins Geo-Naturpark Frau-Holle-Land, wo das Mohndorf schon auf mich wartet!

Auf ins Mohndorf

Während der Fahrt aus Kassel heraus sehe ich etliche Frühaufsteher, die zum Glück nicht alle nach Germerode wollen, sondern ein paar fahren wohl auch um diese Zeit schon zu ihrer normalen Arbeit. Ich bin kurzzeitig froh um meinen eigenen Job, der es mir ermöglicht, die Blümchen noch vor Arbeitsbeginn zu besuchen und danach pünktlich an meinem Schreibtisch zu erscheinen.

Die schmale Landstraße über den Meißner schlängelt sich durch die Dämmerung, ich bin gemächlich unterwegs und das ist auch gut so, denn plötzlich steht am Straßenrand eine Rehfamilie. Fünf Augenpaare schauen rätselnd in die näher kommenden Lichter und dann überquert die Familie ohne Eile den Asphalt und verschwindet zwischen den Bäumen auf der anderen Seite, die kleinen Rehkinder staksen auf ihren dünnen Beinen den beiden großen hinterher.

Nach dieser Begegnung ist ein Zwischenstopp am Aussichtspunkt Schwalbental Pflicht, ich mag den Blick ins weite Tal sehr und kann hier nie vorbeifahren, ohne wenigstens kurz anzuhalten. Inzwischen ist es hell geworden, der Rest der Strecke ist schnell erledigt und als ich um viertel vor fünf auf den hervorragend ausgeschilderten Parkplatz im Mohndorf rolle, hat der Tag im Grunde bereits begonnen, jetzt muss nur noch die Sonne aufgehen.

Wanderweg durch das Mohnfeld

Wanderweg durch das Mohnfeld

Nicht nur der Parkplatz ist hervorragend ausgeschildert, auch beim Besuch der Mohnfelder kann man sich keinesfalls verlaufen. Es gibt sogar einen Lageplan für die Wanderwege, auf dem man auch genau sehen kann, welche Felder von Mohnblumen und welche von Wiesenblumen bewachsen sind. Der Wanderweg selbst verläuft zunächst am Rand der Felder entlang und mündet bald in einen mit Stroh ausgelegten Pfad, der direkt durch das Blütenmeer hindurch führt. So muss niemand auf die Idee kommen, die Mohnblumen für ein Foto plattzutreten—hier ist man wirklich bestens auf Besuch vorbereitet, wie man neidlos anerkennen muss.

Mohnblüte beim Aufwachen

Mohnblüte beim Aufwachen

Die angelegten Mohnfelder könnten beschaulicher nicht sein: Pinkfarbene Blütentupfer soweit das Auge reicht, dazwischen immer wieder bunte Wiesenblumen, dazu Vogelzwitschern (gar nicht mal leise) und die ersten Hummeln sind auch schon fleißig, es summt und brummt bereits ausführlich in den Blüten. Idyllischer wird es nur noch, als sich die Sonne über den Horizont schiebt und den ganzen Zauber in das goldgelbe Licht eines perfekten Sommermorgens taucht.

Mohnblüte an Sonnenschein

Mohnblüte an Sonnenschein

Angeblich kann man in den frühen Morgenstunden die Mohnfee bei der Arbeit sehen, dann erweckt sie die Blüten des Mohns nach der Nacht. Auch wenn ich die Fee selbst nicht entdecke, kommt es mir doch so vor, als wäre etwas dran an dieser Geschichte. Noch sehen die knittrigen Blütenblätter nämlich ein wenig so aus, als hätten sie auch in der Nacht dem Froschkonzert zugehört und müssten sich erstmal recken und strecken, um eine richtige Blütenform zu erlangen. Sobald sie von den ersten Sonnenstrahlen beleuchtet werden, werden wie durch Zauberhand aus den zerknitterten Blättern große bauschige, zart rosafarbene Mohnblüten. Das Geheimnis um die Mohnfee ist vielleicht gar nicht so geheim.

Das Nachtlager von Frau Holle

Das Nachtlager von Frau Holle

Ich folge dem etwa vier Kilometer langen Rundweg durch die Felder, das Stroh raschelt leise beim Drüberlaufen, hin und wieder gibt es Bänke oder andere liebenswerte Kleinigkeiten, die die Betreiber aufgestellt haben: ich entdecke zum Beispiel Frau Holles Bett, Frau Holles Boot, ein Fahrrad, menschengroße Schmetterlingsflügel und auch immer wieder Infotafeln zum Mohnanbau.

Taugt das zum Rausch?

Eine dieser Tafeln beantwortet eine Frage, die ich mir noch gar nicht gestellt hatte, nämlich ob der Mohn eigentlich zur Herstellung von Opium geeignet ist (Spoiler: er ist es nicht). Der Mohn gehört einer morhinarmen Sorte an, berauschen kann man sich hier also nur an den Farben, das dafür aber auch kräftig, denn je höher die Sonne in den Himmel steigt, desto mehr leuchtet es rundherum, die Mohnfee arbeitet auf Hochtouren an ihrem strahlend pinken Blütenmeer.

Blüte an Blüte an Blüte: die Mohnfelder in Germerode

Blüte an Blüte an Blüte: die Mohnfelder in Germerode

Neben den Mohnblumen gibt es immer wieder Felder mit Wiesenblumen, die einen bunten Gegensatz zu den rosa Schönheiten bieten und in denen die Insekten summen, kein Wunder bei einem solchen Schlaraffenland aus Blüten, Nektar und Pollen. Ein paar Felder mit Triticale runden das Bild ab, es gibt also auch ganz normale Landwirtschaft in diesem Blütenmeer.

Der Weg durch die Triticale

Der Weg durch die Triticale

Mittlerweile füllt sich das Gelände merklich, von überall her strömen die frühen Vögel herbei, spazieren entspannt über die Wege oder wandern stramm, Kameras klicken, von hier kann man definitiv nicht ohne ein Foto nach Hause fahren. Eine junge Dame lässt sich bereits ganz ausgeschlafen und professionell im luftigen Kleid von einem Fotografen ablichten, Influencer-Posen und Duckface inklusive.

Auf dem Rückweg zum Auto schaue ich mir noch das Mohncafé an, das um diese Zeit zwar noch geschlossen hat, aber ein Besuch lohnt sich sicherlich. Bis zum nächsten Jahr!

Ein Traum in Pink

Ein Traum in Pink

Gut zu wissen

  • Das Mohndorf liegt in Germerode in der Gemeinde Meißner im Geo-Naturpark Frau-Holle-Land, hier wird seit 2009 Mohn angebaut.

  • Die Blütezeit des Mohns variiert je nach Wetterlage, grob liegt sie in der zweiten Junihälfte und dauert etwa zwei Wochen.

  • Die Mohnfelder könnten auf ausgewiesenen Wanderpfaden durchwandert werden, an bestimmten Tagen werden auch geführte Wanderungen durch die Felder angeboten. Da Mohn nur alle paar Jahre auf derselben Stelle angebaut werden kann, sind die Felder im Mohndorf immer wieder anders angeordnet.

  • Die Wege sowie Parkmöglichkeiten an den Feldern sind bestens ausgeschildert.

  • Und falls du auf dem Heimweg noch in der Nähe von Witzenhausen vorbeifährst: die Kirschernte fällt in dieselbe Zeit wie die Mohnblüte, so dass es sich lohnt, von dort noch eine Kiste der leckeren Früchte mitzubringen.

Blütezeit Fotospot Wandern Geo-Naturpark Frau-Holle-Land

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Kathinka
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Kathinka

Lebt im grünen Nordhessen, weil es dort so schön ist. Hat als studierte Germanistin in langjähriger Arbeit in der Informatik Nerdwissen Deluxe gesammelt. Mag Matsch und Schlamm genauso gern wie einen bunten Sonnenaufgang, steht für beides auch mal mitten in der Nacht auf und findet, dass es generell nie genug Bilder von Bäumen im Nebel geben kann.

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