Durch Nordhessen zieht sich zwar nur ein kleines Mittelgebirge, das heißt jedoch nicht, dass man bei uns nicht auch ein bisschen klettern muss, um auf Gipfel zu kommen.
Wenn es dir am Dörnberg und speziell an den Helfensteinen gut gefallen hat, solltest du einen Besuch auf dem naheliegenden Naturdenkmal Hohlestein in Betracht ziehen. Es liegt nur einen Steinwurf vom Dörnberg entfernt und kann auf einem längeren Rundweg beim selben Besuch erwandert werden. Einmal herfahren, ganz viel wandern, Nordhessen lohnt sich eben einfach immer.
Für etwas weniger Wanderung kann der Hohlestein natürlich auch ohne Dörnberg besucht werden, der Rundweg vom Parkplatz ist dann etwa vier Kilometer lang.
Durch den Wald
Vom Wanderparkplatz geht es auf einem schmalen Pfad durch den Wald, hindurch zwischen hochgewachsenen Buchen, es ist Frühling und die Natur ist innerhalb weniger Tage zu einem grünen Dschungel explodiert. Der Waldboden ist übersät mit weißen und gelben Blümchen, in den Zweigen balzen die Vogel und das alles ist gar zu schön.
Der Hohlestein heißt übrigens Hohlestein, weil oben auf seinem Gipfel ein Loch in den Basaltfelsen eingegraben ist, in dem sich Regenwasser sammelt. Die Entstehung dieses Lochs wird zurückdatiert auf das fünfte Jahrhundert vor Christus, der Grund für die Anstrengungen ist jedoch unbekannt. Aber er muss wichtig gewesen sein, wenn du schonmal in nordhessischen Lehmboden ohne schweres Gerät einen Baum pflanzen wolltest, verstehst du, was ich meine. Knüppelhart ist das Zeug, und da reden wir immerhin nur vom Lehmboden, der Hohlestein ist aus Basalt und spielt damit in einer ganz anderen Liga.
Es gibt Vermutungen, dass es auf dem Hohlestein einst eine Burg gegeben haben soll und das kleine Bassin in deren Keller für Trinkwasser genutzt wurde. Diese Vermutung gefällt mir, hebt sie doch die Burgendichte im Gebiet Dörnberg an: auch auf dem nahegelegenen Gipfel des Hohen Dörnbergs sowie an der Wichtelkirche und in südlicher Richtung an der Igelsburg gibt es Spuren und Überreste von Burgen.
Andere Stimmen vermuten, dass in dem Loch Brandbestattungen durchgeführt wurden und es sich bei dem Felskegel um eine Kultstätte handelte. Eine dritte Variante sieht in der Vertiefung den Versuch, einen Schacht zu graben, um Bergbau betreiben zu können, ähnlich erfolglos wie an Nordhessens Eingang zur Unterwelt, der Firnskuppe.
Gipfelstürmer
Nach dem erfreulichen Weg durch den Wald führt ein steiler Pfad bergan, der Hohlestein ist immerhin 476 Meter hoch. Und da steht auch schon der kugelige Basaltfelsen direkt zwischen den Bäumen oben auf der Kuppe des Berges.
Der Aufstieg auf den Felsen selbst ist nichts für schwache Gemüter. Das Hinweisschild bezeichnet ihn ausdrücklich als “sehr schwer” und nur für geübte Kletterer geeignet. Da ich mir genügend kindliche Gemütsanteile bewahrt habe, begebe ich mich natürlich hinauf, man ist ja schließlich extra hergekommen.
Heute ist ein trockener sonniger Tag, an dem sich die Basaltsteine gut greifen lassen und ich mit Fototasche problemlos oben ankomme. Bei Nässe würde ich allerdings vom Aufstieg absehen, da Basalt schnell rutschig wird, sobald er mit Feuchtigkeit in Berührung kommt.
Die überraschenden Bewohner des Hohlesteins
Oben angekommen wird die Kletterei mit der wunderbaren Aussicht auf den nordhessischen Habichtswald in Frühlingsfarben belohnt. Zwischen den Wipfeln der Buchen winkt der Hohe Dörnberg herüber. Am Horizont in nördlicher Richtung erstrecken sich schon die ersten Ausläufer des Reinhardswalds. So ähnlich muss sich Reinhold Messner gefühlt haben, als er ohne Sauerstoffflasche den Gipfel des Mount Everest erklettert hat!
Und der Reinhold hatte ja nichtmal den künstlich ausgehöhlten Basaltfelsen als Sehenswürdigkeit. Tiefschwarz gähnt das darin gesammelte Regenwasser mir entgegen, die Vertiefung ist größer als ich dachte, wer immer sie auch angelegt hat, hat definitiv einen Preis für Hartnäckigkeit verdient.
Während ich den Sonnenschein und die Einsamkeit genieße, fühle ich mich plötzlich beoabchtet und tatsächlich, der genauere Blick in den hohlen Kegel des Hohlesteins offenbart nicht nur einen, sondern ganze vier Molche, die putzmunter im Wasser zwischen den Pflanzen ihrem Molchdasein nachgehen. Sie haben es gemütlich halbschattig-sonnig in ihrer hochgelegenen Wanne, die immerhin gut einen Meter tief ist und allerlei wasserliebende Gewächse enthält, genauso wie es Molche mögen.
Aber wie sind sie überhaupt auf die Idee gekommen, den steilen Felsen zu erklimmen, der in Relation zu ihrer Körpergröße ja in etwa dem eben erwähnten 8000er Gipfel im Himalaya entsprechen müsste, nur ohne Zwischenlager? Diese Frage bleibt mir ebenso rätselhaft wie die der Ursprungsidee aus grauer Vorzeit, in den steilen Felsen ein Loch hinein zu hämmern. Vielleicht hängt das Ganze aber auch irgendwie zusammen und unsere Vorfahren hatte schon damals - aus Gründen - ein Herz für Molche.
Ich mache mich an den Abstieg und den Rückweg zum Auto, nicht ohne noch einen Blick auf eine andere Kuriosität auf halber Höhe des Hohlesteins zu werfen: hier liegen mitten im Wald etliche Basaltsteine formschön zur Spirale angeordnet.
Ein ähnliches Kunstwerk liegt auch am Dörnberg direkt an den Helfensteinen.
Gut zu wissen
- Der Hohlestein ist 476 Meter hoch und liegt im Naturpark Habichtswald nahe Kassel.
- Ein ausgeschriebener Rundweg führt über den Hohlestein und den Katzenstein und ist etwa vier Kilometer lang, bei Bedarf kann er noch um weitere Kilometer mit einem Aufstieg auf den Hohen Dörnberg erweitert werden.
- Die kleine Wanderung startest du vom Wanderparkplatz Triffelsbühl an der B 251, wenn es die große Runde werden soll, bietet sich der Wanderparkplatz Dörnberg als Startpunkt an.
First published on , 909 words