Burgruine im Wolfhager Land

Auf zur Weidelsburg

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Nordhessen

In Nordhessen haben wir massig Burgruinen, die sich alle auf ihre Art ähneln, Mauern, Türme, meist auf einem Hügel gelegen, dann aber wiederum unterschiedlicher nicht sein könnten, denn jede von ihnen ist auf ihre eigene Art verfallen oder zerstört worden.

Die Weidelsburg ist Nordhessens größte Burgruine und - wie man neidlos anerkennen muss, sehr schön erhalten und besucherfreundlich hergerichtet.

Weidelsburg im Wolfhager Land

Weidelsburg im Wolfhager Land

Auf der Fahrt ist die Weidelsburg bereits von weitem sichtbar, ihre Türme ragen gerade so über die Baumgrenze hinaus, breit und trutzig steht sie auf der Kuppe des Weidelsbergs. Sie ist Wahrzeichen des Wolfhager Landes, der Weidelsberg erhebt sich knappe 500 Meter über den Meeresspiegel. Der nächstgelegene Ort ist Ippinghausen, von dort ist es nur ein Steinwurf bis zum Wanderparkplatz, den ich mir an diesem heißen Sommermorgen nur mit einem anderen Fahrzeug teile. Der frühe Vogel fängt bekanntlich den Wurm, in meinem Fall geht es eher darum, den Anstieg auf den Berg zu bewältigen, bevor das Thermometer auf die angekündigten 36 Grad (und es wird noch heißer) ansteigt.

Kurz und knackig

Der Wanderweg gehört zu den Extratouren des Habichtswaldsteigs, er ist mäßig steil und vorbildblich ausgeschildert. Die Burg ist aufgrund ihrer Größe allerdings auch wirklich schwer zu verfehlen und viele Abzweigungen von dem nur 1,7 Kilometer langen Weg gibt es auch nicht. Anders als bei der Burgruine auf dem Desenberg führt die Wanderung unter schattigen, hochgewachsenen Buchen entlang, was ich natürlich sehr begrüße, denn die Sonne brennt schon ganz ordentlich. Der Nachteil: Ausblicke ins Umland während der Wanderung gibt es keine, dafür urige Wurzelgestalten, kein Wald sollte ohne Troll sein.

Wie viele andere Burgruinen hat auch die Weidelsburg eine durchaus wechselvolle Geschichte hinter sich, in der sie erobert, verteidigt, zerstört, neu aufgebaut und erneut zerstört wurde. Im 16. Jahrhundert verfiel sie zur Ruine und wurde später liebevoll restauriert und für Besucher zugänglich gemacht.

Eingang zum Aussichtsturm

Eingang zum Aussichtsturm

Das Burggelände ist überraschend groß, viele Mauern, Eingänge und Durchgänge laden zum Erkunden ein. Das Highlight ist natürlich der Ausblicksturm. Durch ein großzügiges Tor mit einer Falltür tritt man in das innere eines riesigen Turms, an dessen Rand eine Treppe bis nach oben zur Plattform angebracht ist. Hier herrscht keinerlei Platzangstgefahr. Falls du einen Turm mit beengtem Aufstieg suchst, empfehle ich herzlich den Schreckenbergturm in der Nähe des Dörnbergs.

Im Inneren des Aussichtsturms

Im Inneren des Aussichtsturms

Blick ins Land

Bei relativ klarer Sicht schaut man von hier oben weit ins Wolfhager Land, auf die Städtchen Altenstädt, Naumburg und Ippinghausen, auf den Dörnberg und die Helfensteine und natürlich den Bärenberg, dessen Aussichtsturm wie ein vergessener Zahnstocher in der Landschaft steckt.

Unten im Tal fällt mir ein malerisches Mohnfeld mit pinkfarbenem Kulturmohn auf, wie einfach man doch solche Schönheiten findet, wenn man den Überblick hat. Das nächste Ausflugziel ist jedenfalls schonmal gesichert.

In südwestlicher Richtung liegt Schloss Waldeck auf seiner Kuppe, der Edersee versteckt sich im Tal zwischen den Hügeln des Kellerwalds.

Und aus der Ferne im Norden winkt sogar der Desenberg aus Nordrhein-Westfalen mit seiner Burgruine herüber. Wenn man Schloss Waldeck als Burg durchgehen lässt, hat man vom Aussichtsturm der Weidelsburg also einen sogenannten Zweiburgenblick, wie im schönen Örtchen Wendershausen bei Witzenhausen, wenn auch vielleicht nicht ganz so imposant.

Ausblick bis zur Burgruine auf dem Desenberg

Ausblick bis zur Burgruine auf dem Desenberg

Der einzige Nachteil am Aussichtsturm: hier gibt es keinen Schatten und die Sonne scheint amtlich vom stahlblauen Junihimmel. Eine am Geländer der Turms angebrachte Metallfigur in Form eines Wanderers verrät, dass es an der Burg Bewirtung gibt, wenn die Flagge hängt. Heute hängt keine Flagge, aber als Lockdown-Erfahrener Tagesausflügler habe ich selbstverständlich eigenen Proviant dabei.

Sagenhafte Weidelsburg

Auch die Weidelsburg hat ihre eigene Sage, die im Besucherzentrum des Naturparks Habichtswald nachzulesen ist: nämlich die Sage von der Weibertreue. Diese bezieht sich vermutlich auf die Zeit der Belagerung der Weidelsburg durch den Landgrafen im 15. Jahrhundert zu. Der Landgraf drohte damit, sämtliche Bewohner der Burg zu töten. Agnes, die Frau des belagerten Burgritters (würde man heute wohl landläufig als Spielerfrau bezeichnen), ging jedoch zum Landgrafen und bat um seine Gnade. Wie die meisten Männer war auch der Landgraf weiblichen Tränen nicht gewachsen und gestattete Agnes großzügig, mit ihren Mägden und Jungfrauen und allem, was sie tragen konnten, die Burg zu verlassen. Die treue Agnes wies daraufhin ihre Mägde an, die Kleider und Habseligkeiten zu tragen und sie selbst schulterte den werten Ehegatten. Der Landgraf war über diesen Treuebeweis so gerührt, dass er alle von dannen ziehen ließ - nur die Burg hat er natürlich behalten.

Eine Burgsage mit Happy End! Kein Vergleich zur Sage um die Sababurg im Reinhardswald, an deren Ende die meisten Protagonisten hauptsächlich tot waren.

Zwischen den Burgmauern im kühlen Schatten

Zwischen den Burgmauern im kühlen Schatten

Ich treibe mich noch eine Weile zwischen den kühlen Mauern im Schatten herum, hier laden etliche Sitzgelegenheiten zum Verweilen ein. Im Besucherzentrum liegen diverse Flyer für weitere, lohnende Wanderziele aus. Bis es in Nordhessen langweilig wird, dauert es noch.

Burg Aussichtspunkt Fotospot

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Kathinka
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Kathinka

Lebt im grünen Nordhessen, weil es dort so schön ist. Hat als studierte Germanistin in langjähriger Arbeit in der Informatik Nerdwissen Deluxe gesammelt. Mag Matsch und Schlamm genauso gern wie einen bunten Sonnenaufgang, steht für beides auch mal mitten in der Nacht auf und findet, dass es generell nie genug Bilder von Bäumen im Nebel geben kann.

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