Für das Jahr 2024 wurden Polarlichter über Deutschland versprochen—und das Universum hat tatsächlich geliefert. Denn mit der nordhessischen Heimat und den nächtlichen Himmelsspektakeln wie Sternschnuppen, Meteoriten oder Mondfinsternissen verhält es sich meistens so, dass der Himmel in der gewünschten Zeitspanne einfach dick mit Wolken bedeckt ist, am besten mit ergiebigen Regenfällen, gern auch Hagel oder Sturm, und alles Leuchten und Glitzern findet statt, ohne dass man es sehen kann. Die in Aussicht gestellten Polarlichter haben daher mein Fotografinnenherz erstmal nicht höher schlagen lassen, noch dazu kündigte die Vorhersage nächtliche Bewölkung über Nordhessen an und ich stellte mir einen wolkigen Himmel vor, hinter dem mit viel Fantasie ein buntes Leuchten zu erahnen sein würde. Schließlich war ja auch nicht klar, um welche Uhrzeit die sagenhaften Lichter auftreten würden, und um stundenlang in tiefdunkler Nacht auf ein zartbuntes Streifchen am Himmel zu warten, fehlt mir die Geduld. Doch der besagte Termin im Mai rückte näher und das Wetter blieb sonnig, mit warmen Tagen und kühlen, sternklaren Nächten.
Polarlicht deluxe Edition
Auch, wenn ich nicht so recht glauben wollte, dass die Polarlichter bei uns zu Hause so intensiv strahlen würden, wie sie es auf Bildern aus nördlichen Gebieten tun, ist meine Neugier geweckt—und tatsächlich offenbart der Blick aus dem Fenster um kurz nach zweiundzwanzig Uhr höchst intensiv lila-purpur leuchtende Farben. Ab da dauert es keine fünf Minuten, bis ich das Stativ auf dem Feld aufbaue und dabei mit vor Staunen offenem Mund das polare Leuchten in seiner ganzen Pracht bestaune.
Ein passendes Motiv ist schnell gefunden: die kleinen Bäume als Silhouetten am Horizont und im Vordergrund die Wiese mit den Pusteblumen, die im violetten Licht am Himmel geheimnisvoll leuchten, bilden einen schönen Rahmen, um das spektakulären Leuchten am Himmel zur Geltung zu bringen, ohne davon zu sehr abzulenken.
Zu dieser beeindruckenden Lichtershow singen die Nachtigallen melancholische Weisen in den Bäumen, was dem ganzen einen besonderen Charme verleiht. Ist das hier überhaupt noch Nordhessen? Oder wurde ich von Aliens entführt und in eine fremde Galaxie gebracht, in der der Himmel violett ist und der Gesang der Nachtigallen ist eigentlich die Sprache der Aliens, mit der sie sich über den komischen klickenden Apperat auf dem Stativ unterhalten?
Außerdem wusste ich biher gar nicht, dass hier so viele Nachtigallen wohnen, vielleicht sollte ich doch häufiger mal nächtliche Ausflüge aufs Feld unternehmen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn dank der erhöhten Sonnenaktivität soll es in diesem Jahr noch einige solche magischen Nächte geben.
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