In eine langgezogene, seitlich mit Bäumen gesäumte Allee zu schauen hat etwas seltsam beruhigendes an sich - #oddlysatisfying, wie wir Internetgeschädigten zu sagen pflegen.
Während die meisten Alleen Deutschlands im schönen Brandenburg zu finden sind - ich erinnere mich an eine Fahrt in den Urlaub, die gefühlte Stunden auf ziemlich buckeligem Kopfsteinpflaster zwischen Bäumen hindurch führte - haben wir auch im nördlichen Hessen ein paar Bäume, die an Straßenrändern Spalier stehen.
Doppelt hält besser
Den Anfang dieser Alleensammlung macht die Lindenstraße bei Schloss Wilhelmsthal. Diese Allee führt nach Westen vom Schlosspark weg hinauf zum Wald, wo sie in einem Lindenrondell ihren Abschluss findet. Ihre Besonderheit ist die beidseitige Bepflanzung mit jeweils zwei Reihen von Lindenbäumen. Zwischen den inneren und äußeren Baumreihen führt noch jeweils ein Spazierweg hindurch. Also einmal anfahren und gleich mehrfach freuen!
Die Straße selbst ist generell eher wenig befahren, allerdings ist im Sommer zur Öffnungszeit des Waldschwimmbads Caldens mit Badewilligen zu rechnen.
Klein, aber fein
Am Rande des Örtchens Rothwesten steht eine kleine Allee aus 53 Eichen an einem Spazierweg, die zum Naturdenkmal ernannt wurde und somit besonders geschützt ist. Der Weg ist Teil des Kasselsteigs, der auf knapp 160 Kilometern einmal rund um das Kasseler Becken durch die Natur führt. Falls du also heute noch nichts vor hast, ich hätte da Vorschläge.
Rund um den Reinhardswald
Bei sommerlichen Temperaturen unter schattigen Bäumen von Kassel aus zum Reinhardswald fahren? Am liebsten auf der Landstraße L3232, die durch die Örtchen Rothwesten und Holzhausen führt und deutlichen Alleen-Charakter hat, auch wenn einige der Bäume in den Jahren gefällt und durch neue ersetzt wurden, die natürlich noch einige Zeit brauchen, bis sie ihre Geschwister größenmäßig eingeholt haben werden. Auch aus Richtung Hofgeismar führt eine Kreisstraße hinein in den Märchenwald, die von stattlichen Eichen gesäumt ist und wegen der Senke in der Straßenführung zu meinen absoluten Lieblingsalleen des Kasseler Umlands gehört - natürlich vor allem im Herbst.
Das Örtchen Beberbeck, direkt am Reinhardswald gelegen, ist vermutlich eines der kleinsten Örtchen überhaupt, es zählt weniger als 100 Einwohner. Verglichen dazu ist die Anzahl der Alleenbäume rund um den Ortskern wohl deutlich höher, hier führen Spazierwege und Anliegerstraßen zwischen stattlichen alten Eichen hindurch. Eine der Alleen ist mit Ahornbäumen bepflanzt und begeistert im Herbst durch leuchtendes Laub. Ein Rundweg von etwa 5 Kilometern führt am malerischen Bächlein Holzape entlang und einen Großteil der Strecke zwischen den Bäumen hindurch, links und rechts des Weges stehen Kühe auf der Wiese und wiederkäuen die letzten Mahlzeiten. Alleen-Feeling deluxe, keine Frage, idyllischer geht es eigentlich kaum.
Der Ort Beberbeck ist nicht weit entfernt vom Urwald Sababurg, zwar gibt es in einem Urwald aus logischen Gründen keine Alleen, jedoch eine Menge steinalter Bäume, die auf jeden Fall einen Besuch wert sind.
Eigentlich ein Jagdstern
Bei der Aufzählung der schönsten Alleen dürfen natürlich die Eichenalleen im Tierpark Sababurg nicht fehlen. Der Tiergarten des Dornrösschenschlosses wurde von verschiedenen hessischen Landgrafen als Jagddomizil genutzt und als sogenannter Jagdstern angelegt - dafür wurde das Gebiet durch Schneisen, die auf einen zentralen Punkt zuführen, aufgeteilt.
Auch wenn die gejagten Tiere damals sicherlich eine andere Meinung zum Thema hatten, ist diese Art der Anlage für Spaziergänger eine tolle Sache, die einzelnen Schneisen sind umsäumt von hohen, alten Eichenbäumen, deren Äste oben in der Luft ein geschlossenes Dach aus Holz und Blättern bilden. Links und Rechts vom Weg können natürlich auch Tiere bewundert werden, die auf ihren riesigen Arealen ihrem Tierdasein nachgehen und keine ungewollte Teilnahme an Parforcejagden befürchten müssen.
Westlich von Kassel
Eine schöne Allee aus alten Kastanienbäumen befindet sich im Habichtswald und trägt den passenden Namen Kastanienallee. Sie ist am besten vom Parkplatz des Herkules auf einem Spaziergang zu erreichen. Wie die meisten Kastanienbäume haben auch diese mit dem Befall der Miniermotte, und vor allem deren Larven, zu kämpfen und sehen ab dem späten Sommer bereits aus wie gerupfte Hühner. Im Frühjahr jedoch, wenn die Kastanienblüte stattfindet, bezaubert dieser Weg durch üppige weiße Blütenpracht.
Alleen in der Kasseler Innenstadt
Auch in der Stadt Kassel selbst gibt es schöne Alleen zu bewundern, allen voran natürlich die berühmte Wilhelmshöher Allee, die von der Innenstadt schnurgerade nach Westen über 4,6 Kilometer bis zum Eingang des Bergparks Wilhelmshöhe in Kassel führt. Der Blick aus Richtung Osten hinauf zum Herkules ist immer wieder beeindruckend und zu jeder Jahreszeit empfehlenswert. Durch die Breite der Straße, in deren Mitte auch noch Straßenbahnschienen liegen, geht der typische Alleen-Charakter allerdings etwas verloren, die Bäume wirken an den Rand gedrängt und fallen kaum als stilgebendes Element auf. Auch ist die Bepflanzung nicht durchgängig gleichmäßig, was ich als Alleen-Fan natürlich bemängeln muss. Zudem rollt über die Wilhelmshöher Allee tagtäglich eine beträchtliche Menge Straßenverkehr, vom entspannten Spaziergang unter dichten Blätterdächern sind wir hier also weit entfernt.
Mehr Alleen-Feeling bieten kleinere Straßen, die etwas weiter von der Innenstadt entfernt sind, zum Beispiel die Goethestraße, hier wachsen hohe stattliche Platanen mit ausladenden Kronen. Der obere Teil der Goethestraße wurde mittlerweile zur Fahrradstraße umgebaut und ist nur noch für Anliegerverkehr zu befahren. Die Häuser der Goethestraße gehören zu den wenigen, vom Krieg verschonten Altbauten in Kassel und geben der Straße einen besonderen Charakter. Im normalen Tagesbetrieb ist die Goethestraße beidseitig von Autos beparkt.
Meine Lieblingsallee in Kassel ist die Landgraf-Karl-Straße, auch wenn sie verglichen mit der Wilhelmshöher Allee nur kurz ist.
Eichen in der Karlsaue
Für die Freunde der gepflegten Symmetrie hat der Staatspark Karlsaue in der Mitte von Kassel ein besonderes Highlight parat: in gerade Sichtlinien vom zentralen Bauwerk der Karlsaue, der Orangerie, führen drei mit Eichen gesäumte Spazierwege in südwestlicher Richtung, zu jeder Jahreszeit ein schöner Anblick.
Hauptfriedhof
Der Kasseler Hauptfriedhof liegt in der Nordstadt an der vielbefahrenen Holländischen Straße. Im Inneren des Friedhofs merkt man davon allerdings eher wenig, hier ist ruhige Andacht möglich und der Aufbau des Friedhofs gleicht an einen großzügig geschnittenen Park - nur eben mit Gräbern. Viele der langen Wege, die den Friedhof durchziehen, sind beidseitig mit Bäumen bepflanzt und laden auch unabhängig von Andachtsbesuchen zu einem Spaziergang ein.
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