Früh morgens Ende Oktober mutterseelenallein bei Dunkelheit im strömenden Regen den Dörnberg hochspazieren gehört definitiv zu den merkwürdigen Dingen, die ich “für Fotos” gemacht habe.
Nachdem ich den Mann gerade für eine kleine Operation im Krankenhaus abgegeben habe und aufgrund des coronabedingten Besuchsverbots nur vor der Tür winken durfte, brauche ich eine Richtung für den angebrochenen Tag. Ein Besuch am Dörnberg im Naturpark Habichtswald liegt da natürlich nahe, ich wollte ja ohnehin noch ein Halloween-Foto machen. Erstmal grusele ich mich natürlich selbst am meisten, einsame Aufenthalte in dunklen, zivilisationsfernen Örtlichkeiten gehören nicht gerade zu meinen absoluten Feelgood-Momenten.
Aber die Aussicht auf ein düsteres Bild motiviert mich und nach einer kurzen Bedenkpause auf dem Parkplatz stapfe ich vermummt unter meiner Kapuze bergan, einer muss es ja tun.
Oder lieber die Bergwacht?
Der Weg ist matschig und sehr rutschig und ich bin kurz davor, wieder umzukehren, als ich mir farbenprächtig ausmale, wie ich im Schlamm ausrutsche, hinfalle und mit gestauchtem Knöchel um Hilfe rufen muss. Wer käme dann eigentlich? Die Bergwacht? Ein Hubschrauber? Ein schlecht gelaunter Notfallmediziner auf einem erdverkrusteten Traktor?
Das wäre mir wirklich sehr peinlich. Ich schiebe den Gedanken energisch beiseite, als ich die Kühe entdecke ich Kühe, die stoisch im Regen auf ihrer Wiese liegen und beim Anblick der vermummten Person mit Fototasche neugierig mit den Ohren wackeln. Die jammern ja auch nicht!
Von guten Freunden macht man ein Foto
Oben am Hang wartet schon mein alter Freund auf mich, mittlerweile dämmert es und ich probiere mit verschieden langen Belichtungen und Winkeln herum, während es um mich herum langsam hell wird. Zumindest so hell, wie man es an einem verregneten Herbstmorgen Ende Oktober erwarten kann.
Von unten im Tal höre ich etwas, das mich sehr an die Alarmanlage unseres Autos erinnert. An dieser Stelle darfst du dir ein eingefügtes 😱 vorstellen. Oder besser gleich fünf davon, denn wtf? 😱 😱 😱 😱 😱
Mein alter Freund trägt zur Situation nichts weiter bei außer unbeirrt grimmig in die Welt zu schauen und ich mache mich lieber direkt an den Abstieg. Drei junge Kälber glotzen mir entgegen und rennen mit Luftsprüngen davon, als ich näher komme. Ob das was zu bedeuten hat? Im Stechschritt schreite ich den Matschweg lang, biege um die Ecke, sehe die beiden Lieferwagen, hinter denen ich den Skoda abgestellt habe, und dann Skoda selbst, genauso, wie ich ihn verlassen habe. Gründe für den Sirenenklang bleiben unbekannt, ich tippe auf Langeweile oder Minderwertigkeitsgefühle wegen der monströsen Lieferwagen. Ausflüge zum Dörnberg werden einfach nie langweilig.
Herbstfeeling
Auf dem Heimweg halte ich nochmal für das ein oder andere herbstliche Foto, genieße de Blick auf den kleinen Dörnberg und die Wichtelkirche, während ich an der schönst anzunehmendem orange-rot-leuchtenden Laubbaumsammlung vorbeischlendere. Da gerade halb Kalifornien brennt, spare ich mir die Metapher mit dem Wald in Flammen, auch wenn es von der Belaubung wirklich nahe liegt.
Für den zweiten Rückweg zum Auto (diesmal ganz ohne Alarmruf) folge ich einem sehr dubiosen Pfad bergab, der schlussendlich an einem Bienenstock vorbei mitten durchs herbstliche Gebüsch führt. Ob der Imker wohl häufig hier ist?
Kalt gefrorene Hände, der Regen hat aufgehört, zufriedene Heimfahrt, zwar ist der diesjährige Herbst nicht so golden wie ich es gern hätte, aber dafür auf seine eigene Art schön.
Berg Habichtswald WandernFirst published on , 568 words