Dir hat bisher ein Turm gefehlt, in den man sich über eine beengte Leiterkonstruktion hinaufzwängen kann, um den Ausblick ins Umland von hoher Warte aus zu genießen? Dann ist ein Spaziergang zum Schreckenbergturm genau das richtige für dich.
In direkter Nachbarschaft vom Dörnberg im Naturpark Habichtswald steht auf dem gleichnamigen Berg der Schreckenbergturm. Er wurde 1911 auf der Ruine eines ehemaligen Wartturms erbaut und für Besucher zugänglich gemacht.
Der Turm kann auf verschiedenen Wegen erwandert werden, zum Beispiel von der Stadt Zierenberg aus, die direkt unterhalb des Dörnbergs liegt. Hier startet auch gleichzeitig der Streckenwanderweg Habichtswaldsteig, der in seiner Gänze 85 Kilometer misst und dich durch Wiesen, Berge, Wald und Feld von hier bis zum Edersee führt. Falls du heute Nachmittag also noch nichts vor hast, hätte ich Ideen.
Eine zweite Möglichkeit ist der Start vom Wanderparkplatz am Dörnberg aus, der Weg von hier führt über einen Teil der Extratouren des Habichtswaldsteigs, der den einprägsamen Namen H2 trägt, als feine Beigabe beinhaltet er einen Waldlehrpfad, ein wenig die Bildung aufbessern kann schließlich nie verkehrt sein.
Schrecken mit Ende
Der Start des Weges führt zunächst über einen mit Schotter ausgelegten Waldweg, der jedoch bald in einen gemütlichen Pfad zwischen den Bäumen hindurch mündet. Und im frühen Frühling herrscht hier ab und an das volle Mystikprogramm mit Matsch und Nebel, wie es sich für einen tollen Wald gehört. Mit etwas Glück entdeckst du bereits die ersten blühenden Schneeglöckchen oder Märzenbecher unter den noch kahlen Buchen.
Der Schreckenbergturm verbirgt sich trotz seiner guten 15 Meter Höhe sehr geschickt zwischen den hohen Bäumen, erst auf dem letzten Wegstück kommt er plötzlich in Sicht und sieht mit seiner außen umlaufenden Treppe und dem schmiedeeisernen Gelände einfach einladend aus. Oder gibt es irgendwen, der einer solchen Treppe widerstehen kann?
Die Außentreppe ist allerdings trügerisch, denn sie mündet an der Hinterseite des Turms in sein Inneres. Und während die Stufen an der Außenseite gut begehbar sind, ist der Aufstieg im Inneren des Turms nichts für ungelenkige Menschen. Steile Leitern führen im engen Treppenhaus über vier Etagen bis zur Aussichtsplattform in luftiger Höhe—eine tolle Gelegenheit, die eigene Neigung zur Klaustrophobie mal wieder auf die Probe zu stellen.
Mit der Kameratasche kann man außerdem hervorragend am Treppengeländer hängen bleiben, ich habe das extra getestet, oben aus dem Ausgang auf die kleine Plattform zu steigen hat ein bisschen was von Geburtskanal, aber der Ausblick entlohnt für die Strapazen, versprochen.
Ein weiter Rundumblick ins Kasseler Umland zeigt, wie schön wir es hier in unserem kleinen Mittelgebirge in Nordhessen haben, der Dörnberg mit seiner Toskana-Landschaft im Südosten, oder der Bärenbergturm in westlicher Richtung, der beachtliche 55 Meter auf dem Großen Bärenberg in die Höhe ragt. In östlicher Richtung kann man die Ausläufer des Reinhardswaldes sehen.
Unterhalb des Bärenbergs verläuft die A 44, die man von der Aussichtsplattform des Schreckenbergturms dezent rauschen hört.
Ist das Kunst oder bloß Geröll?
Am westlichen Hang des Schreckenbergs und ein Stück unterhalb des Turms liegt als Naturdenkmal ein großes Geröllfeld, welches den Namen “Die Blauen Steine” trägt. Die Steine sind Basaltbrocken natürlichen Ursprungs, die in grauer Vorzeit durch vulkanische Aktivitäten (Nordhessen war einst ein heißes Pflaster) an die Erdoberfläche gekommen und dort erkaltet sind. Bei entsprechendem Lichteinfall sollen sie blau leuchten. Ein klein wenig halte ich diese Beschreibung für übertrieben, blaues Licht im Sinne von Rambo (“Was tut es?” - “Es leuchtet blau!”) ist es nicht, aber ich finde, dass man einen leichten Schimmer erkennen kann, wenn man seitlich auf das Felsenmeer schaut.
Natürlich kann es kein Geröll geben, ohne dass jemand ein Steintürmchen drin gebaut hat, in dieser Hinsicht unterscheidet sich Nordhessen nicht von anderen Gebieten auf dieser Welt, fühl dich wie zu Hause, egal von wo du kommst.
Übrigens gibt es in diesem Waldstück auch jede Menge grüne Steine, sie erinnern mit ihrem Moosbewuchs an kleine runde Igel, ihnen zu Ehren wurde allerdings kein Hinweisschild aufgestellt.
Wenn man schon gerade da ist, kann man auch gleich noch einen Abstecher zu einer weiteren Sehenswürdigkeit machen: der Burgruine Schartenberg, die auf dem gleichnamigen Berg nur einen Steinwurf vom Schreckenbergturm entfernt liegt.
Ruine auf dem Schartenberg
Für den Abstecher verlasse ich den Habichtswaldsteig und folge dem Fulda-Diemel-Weg, der mit einem großen F gekennzeichnet ist, ein charmanter Pfad mitten durch den Wald, an dem sich bereits die ersten Schlüsselblumen in die Höhe recken. In seiner Gänze führt der Fulda-Diemel-Weg übrigens von der Endstation der Linie 1 unterhalb des Bergparks Wilhelmshöhe 64 Kilometer bis nach Bad Karlshafen, falls du heute Nachmittag noch nichts vorhast.
Bald schon kommt die Burgruine in Sicht, die sich auf ihrer Kuppe zwischen den noch kahlen Buchen in die Höhe reckt, oder zumindest das, was noch von ihr übrig ist: ein paar Mauern und der halb eingestürzte Bergfried. Die Erbauungszeit der Burg wird auf das 11. Jahrhundert geschätzt—und damals hatte man von Turm aus sicher besten Überblick über das gesamte Warmetal. Durch einen kleinen Eingang kann man ins Innere schauen, das mit heruntergefallenen Steinen gefüllt ist. Zur Sicherheit wurde ein Metallgitter angebracht, falls die Steine nicht ausreichen sollten.
Begeistert über soviel Kultur und Natur auf so kurzer Strecke trete ich den Rückwegan, über den Fulda-Diemel-Weg zurück zum Habichtswaldsteig, nach insgesamt 8 Kilometern erreiche ich den Parkplatz.
Gut zu wissen
- Der Schreckenbergturm ist rund 15 Meter hoch und frei zugänglich. Der Schreckenberg selbst misst 460 Meter Höhe.
- Die Schartenburg auf dem Schartenberg ist eine Ruine, deren Turm nicht begehbar ist. Der Schartenberg liegt in direkter Nähe zum Schreckenberg und ist 403 Meter hoch.
- Den Weg kannst du vom Wanderparkplatz Dörnberg starten oder auch vom beschaulichen Städtchen Zierenberg
- Die Wanderung durch den Wald ist ein gut ausgeschildert und verläuft über Schotterwege und einfach Pfade, die Teil der Streckenwanderwege Habichtswaldsteig und Fulda-Diemel-Weg sind
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